17.10.2018 BAG: Reisezeit bei Auslandsentsendung ist Arbeitszeit

Der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts hat entschieden, dass bei vorübergehender Auslandsentsendung die „erforderliche“ Reisezeit (bei einem Flug in Economy-Class) als Arbeitszeit zu vergüten ist.
Zugrunde liegt ein Fall eines technischen Mitarbeiters eines Bauunternehmens, der arbeitsvertraglich verpflichtet war, auf Baustellen im In- und Ausland tätig zu sein. Der zugrundliegende Entsendevertrag gab dem Arbeitnehmer die Möglichkeit, gegen Zahlung der Differenz den Flug auf die Business-Class upzugraden. Zur Vergütung der Reisezeit enthielt der Vertrag keinerlei Regelung. Auf Wunsch des Arbeitnehmers buchte der Arbeitgeber (Ziel: China) statt der Direktflüge in der Economy-Class jeweils einen Business-Class Flug mit Zwischenstopp in Dubai. Für die insgesamt vier Reisetage zahlte der Arbeitgeber 4 x 8 Stunden = 32 Stunden als Arbeitsentgelt. Der Arbeitnehmer verlangt Arbeitsvergütung für weitere 37 Stunden (nebst Zuschlägen); mithin die gesamte Reisedauer von der Arbeitsstelle bis nach Hause.
Erstinstanzlich wurde die Klage abgewiesen, das LAG gab dem Kläger recht.
Der 5. Senat des BAG verwies die Entscheidung an das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz zurück. Aus Sicht des 5. Senates ist dem Kläger insoweit recht zu geben, wie die Reisezeit tatsächlich gedauert hätte, wenn er den Direktflug in der Economy-Class durchgeführt hätte. Sein Wunsch auf höheren Reisekomfort kann insoweit nicht zu Lasten des Arbeitgebers gehen. Auf der anderen Seite ist die komplette Reisezeit, die „erforderlich“ ist, zu vergüten. Da insoweit in den Vorinstanzen keinerlei Feststellungen getroffen wurden, wird die Sache zur weiteren Aufklärung zurück an die Berufungsinstanz verwiesen.

Anmerkung des Verfassers: Reisezeit ist Arbeitszeit. Einer rein quantitativen Betrachtung (tatsächlicher Zeitbedarf) wird hier der Riegel vorgeschoben. Letztlich hängt der Senat die Vergütungspflicht an dem Merkmal „erforderliche“ Reisezeit auf. Ein Begriff, der unbestimmter nicht sein könnte. Die Berufungsinstanz hatte noch den deutlich praktischeren Ansatz der tatsächlichen Reisezeit in den Vordergrund gestellt. Allerdings erfolgt dabei keinerlei Risikosphärenzuordnung. Die längere Reisedauer ist hier ausschließlich auf den Wunsch des Arbeitnehmers zurückzuführen. Insoweit erscheint das Ergebnis vertretbar. Das Gegenargument lautet: Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gestattet, eine Umbuchung (upgrade) auf eigene Kosten vorzunehmen, dann ist er auch für die damit zusammenhängende Veränderung der Reisedauer verantwortlich. Während der tatsächlich benötigten Reisezeit kann der Arbeitnehmer nicht selbstbestimmt über seine Zeit verfügen. Konsequenterweise müsste dann die tatsächliche Reisezeit als Arbeitszeit vergütet werden. Ob der Senat diese Gedanken in seine Entscheidung hat einfließen lassen bleibt bis zur vollständigen Veröffentlichung des Urteils abzuwarten.

Quelle: Pressemitteilung des BAG Nr. 51/18 zu 5 AZR 553/17 vom 17.10.2018
Rechtsanwalt Frank Heinemann, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Lippstadt

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