LAG Köln 15.12.2021: Quarantäne während Urlaub – keine Nachgewährung von Urlaubstagen

Die Klägerin hatte Urlaub. Als Kontaktperson ihres mit dem Coronavirus infizierten Kindes verfügte die zuständige Gesundheitsbehörde für sie eine Quarantäne. Die Klägerin behauptete, dass sie selbst innerhalb des Zeitraums positiv getestet sei, sie sei allerdings symptomlos geblieben. Ein ärztliches Zeugnis über die Arbeitsunfähigkeit legte sie aber nicht vor. Die Klägerin begehrt feststellen zu lassen, dass der Urlaub während ihrer Quarantäne als nicht genommen gilt.

Das Arbeitsgericht Bonn (07.07.2021 Aktenzeichen 2 Ca 504/21) hatte die Klage abgewiesen. Das nunmehr angerufene Berufungsgericht (Landesarbeitsgericht - im Folgenden LAG - Köln) hat dieses Ergebnis bestätigt. Die Klägerin hatte sich auf § 9 BUrlG bezogen. § 9 BUrlG regelt, dass jeder Urlaubstag, für den eine durch ärztliches Zeugnis nachgewiesene Arbeitsunfähigkeit vorliegt, nicht auf den Urlaub angerechnet wird. Diese Voraussetzung lag unstreitig nicht vor. Eine Gleichstellung der behördlichen Quarantäneanordnung mit einer nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit lehnte das LAG ab.
Eine Erkrankung mit dem Coronavirus gehe nicht automatisch mit einer Arbeitsunfähigkeit einher. Ein symptomloser Virusträger bleibe grundsätzlich arbeitsfähig. Die Quarantäneanordnung verbietet allerdings, die Arbeit aufzunehmen und durchzuführen. Eine analoge Anwendung des § 9 BurlG auf diesen Fall verneinte das LAG, da weder eine planwidrige Regelungslücke, noch ein mit der Arbeitsunfähigkeit vergleichbarer Fall vorläge.
Allerdings ließ das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht zu.

Anmerkung:
Im vorliegenden Fall helfen auch die Entschädigungsregelungen des Infektionsschutzgesetzes – im Folgenden IfSG - nicht weiter. Jeder, der aufgrund einer Maßnahme des Infektionsschutzgesetzes (wie hier der Quarantäneanordnung) einen Schaden erleidet, erhält diesen gem. § 56 IfSG ersetzt. Im vorliegenden Fall muss das allerdings nicht geprüft werden, da ein materieller Schaden aufgrund der Bezahlung des Urlaubsentgelts (während des Urlaubs) nicht vorliegt. Man darf gespannt sein, ob Revision beim Bundesarbeitsgericht eingelegt wird. In einem vom Arbeitsgericht Aachen (Aachen 30.03.2021 Aktenzeichen 1 Ca 3196/209) verhandelten Fall wurde festgestellt, dass die Entgeltfortzahlung bei einer nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit während einer angeordneten Quarantäne die Entschädigung nach dem IfSG verdrängt.
Der Einwand, die Klägerin hätte aufgrund der angeordneten häuslichen Isolation nicht den Arzt aufsuchen können, verwarf bereits das erstinstanzlich angerufene Gericht mit dem Hinweis auf die Möglichkeit einer telefonischen Anamnese durch einen Arzt mit darauffolgender Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (umgangssprachlich: telefonische Krankschreibung)
Quelle: Pressemitteilung 9/21 LAG Köln 15.12.2021 zu 2 Sa 488/21 (Ausgangsinstanz Arbeitsgericht Bonn 07.07.2021 2 Ca 504/21)
Anmerkung Rechtsanwalt Frank Heinemann, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Lippstadt

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