21.08.2019: BAG Vorbeschäftigung bei sachgrundloser Befristung (22 Jahre ist "sehr lang" zurückliegend)

Der 7. Senat hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Mitarbeiter nach 22 Jahren Unterbrechung erneut beim selben Arbeitgeber, allerdings ohne Sachgrund befristet, beschäftigt werden sollte. Gem. § 14 Abs. 2, S 2 TzBfG ist eine sachgrundlose Befristung nur möglich, sofern zuvor nicht bereits ein Arbeitsverhältnis zwischen denselben Vertragsparteien bestanden hat.

Nachdem das Bundesarbeitsgericht § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG dem Wortlaut nach behandelte („niemals zuvor“) erkannte der 7. Senat (06.04.2011 - 7 AZR 716/09 -) das eine Vorbeschäftigung, die drei Jahre zurücklag, unschädlich sei für eine neue sachgrundlose Befristung. Diese richterliche Rechtsfortbildung hatte das Bundesverfassungsgericht am 06.06.2018 (- 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14 -) eine klare Absage erteilt. Allerdings befand der 1. Senat des BVerG die Norm für verfassungswidrig, sofern sie den bedeuten würde, dass ein lebenslanges Folgebeschäftigungsverbot für den Arbeitnehmer bedeuten würde (Eingriff in die Berufsfreiheit Art. 12 Abs. 1 GG; zitierte Entscheidung RN 38). Eine verfassungskonforme Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG hat zu erfolgen.

Letztlich war also jetzt lediglich klar, dass „drei“ Jahre Unterbrechung aufgrund der Entscheidung des BVerfG zu wenig sind um die politisch motivierten und zu vertretenen Ziele (Verhinderung von Kettenbefristungen / Umgehung des generellen Befristungsverbots außerhalb der Erlaubnistatbestände etc.) zu erreichen.

Mit der jetzigen Entscheidung des 7. Senats (BAG) ist, wenig überraschend, klargestellt, dass 22 Jahre Unterbrechung auf jeden ausreichen um die „Vorbeschäftigung“ nicht als Hindernis zu einer erneuten sachgrundlosen Befristung ins Feld zu führen.

Mit der jetzigen Entscheidung des 7. Senats (BAG) ist, wenig überraschend, klargestellt, dass 22 Jahre Unterbrechung auf jeden ausreichen um die „Vorbeschäftigung“ nicht als Hindernis zu einer erneuten sachgrundlosen Befristung ins Feld zu führen. Demnach sind 22 Jahre als „sehr lang“ zurückliegende Beschäftigung zu werten.
Demgegenüber hat der gleiche Senat in seiner Entscheidung vom 20.03.2019 – 7AZR 409/19 eine Vorbeschäftigung von acht Jahren und neun Monaten nicht als „sehr lang“ zurückliegende Beschäftigung gewertet.

Demnach gilt derzeit folgendes: Eine Unterbrechung bis zu drei Jahren ist auf jeden Fall als „verhindernde Vorbeschäftigung“ zu werten. Eine Vorbeschäftigung, die acht Jahre und neun Monate zurückliegt (BAG 20.03.2019 – 7 AZR 409/16) liegt „nicht sehr lang“ zurück und ist ebenfalls beschäftigungsschädlich. Das gilt auch für eine Vorbeschäftigung die 15 Jahre zurückliegt (BAG 17.04.2019 - 7 AZR 323/17). Ab 22 Jahren ist die Vorbeschäftigung aufgrund der durch die Rechtsprechung des BVerfG notwendig gewordene verfassungskonformen Auslegung des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG unschädlich.
Bleibt letztlich das freundliche „fischen im Trüben“ hinsichtlich des Zeitraumes zwischen 15 Jahren und 22 Jahren Vorbeschäftigung. Hier wird man die weitere Rechtsprechung des BAG und ggf. des danach angerufenen BVerfG abwarten müssen.
Quelle: Pressemitteilung Nr. 29/19 vom 21.08.2019 zu - 7 AZR 452/17 –
Anmerkungen: Frank Heinemann, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Lippstadt

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