04.06.2019 BSG: Honorarärzte sind im Krankenhaus regelmäßig sozialversicherungspflichtig

Die ärztliche Tätigkeit als Honorararzt ist nicht zwingend wegen der besonderen Qualität der ärztlichen Heilkunde als Dienst „höherer Art“ anzusehen und damit automatisch kein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis. Diese Entscheidung traf der 12. Senat des Bundessozialgerichts – im Folgenden BSG - am Beispiel einer als Honorarärztin eingesetzten, überwiegend im OP arbeitenden Anästhesistin.

Mit dieser Grundentscheidung muss daher die gleiche Abgrenzung vorgenommen werden, wie in allen andern Fremdpersonaleinsätzen (§ 7 Abs. 1 SGB IV, § 84 HGB zur Selbständigkeit). Ausschlaggebend sind die Kriterien Weisungsgebundenheit und der Eingliederung in die Arbeitsorganisation des „Dienstherrn“. Weitere Kriterien sind die Nutzung personeller oder sachlicher Ressourcen.

In einem Krankenhaus sei der Organisationsgrad in der Regel so ausgeprägt, dass keinerlei Raum für „unternehmerische Entscheidungen“ der eingesetzten „Honorar“-ärzte mehr verbleibe. Im hier entschiedenen Fall war die Anästhesistin vorwiegend im OP innerhalb eines Teams unter der Leitung eines Verantwortlichen eingesetzt. Irgendwelchen Raum für Unternehmerische Entscheidungen der Anästhesistin seien schlicht nicht gegeben. Etwas anderes könne auch nicht für eine Tätigkeit als Stationsarzt/-ärztin gelten. Auch hier könne die eingesetzte Kraft nur innerhalb der organisatorischen Strukturen des Krankenhauses und unter Nutzung der personellen wie sachlichen Ressourcen agieren.

Der Senat wies auch darauf hin, dass die (hohe) Honorierung innerhalb der Gesamtwürdigung der Tätigkeit keinerlei ausschlaggebende Bedeutung zugemessen werden könne. Zudem sei auch der Fachärztemangel zwar ein Problem, könne aber die Sozialrechtlichen Regelungen zur Versicherungs- und Beitragspflicht nicht aushebeln.

Anm.: Die Tätigkeit als Honorararzt innerhalb eines (beitragsfreien) Dienstvertrages ist mit diesem Urteil zumindest in Krankenhäusern ein Riegel vorgeschoben. Die sozialrechtlichen Versicherungs- und Beitragspflichten können nicht durch Vertragsgestaltung zu Lasten der Versicherungsgemeinschaft aufgehoben werden. Krankenhäuser werden sich auf das für sie teurere Modell der Arbeitnehmerüberlassung (Zeitarbeit) zurückziehen, wenn es ihnen weiterhin nicht gelingt, Ärzte für eine Festanstellung zu gewinnen. In diesem Fall besteht von vornherein ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zum Verleiher, lediglich der Einsatz erfolgt im Krankenhaus. Ärzte, die bisher selbständig (oder vermittelt) auf Honorarbasis gearbeitet haben, werden ihr Geschäftsmodell überdenken müssen.

Quelle: Bundessozialgericht Pressemitteilungen Nr. 21/2019 vom 04.06.2019 zu B 12 R 11/18 als Leitfall).
Frank Heinemann, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Lippstadt (Bearbeitungsstand 12.06.2019)

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